Ein Zusammenschluss von Bürgern, demokratischen Parteien, kirchlichen Organisationen, Verbänden und Vereinen
aus dem Werdenfelser Land für kulturelle Vielfalt, Toleranz und eine freie Gesellschaft.

 

Wendezeit in Murnau

Bereits vor zwei Jahren hatte ein Riegseer Historiker erneut einen Antrag im Marktgemeinderat stellen lassen, um die Ehrenbürgerschaft von Professor Dr. Max Dingler (1886 - 1961) abzuerkennen. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen.

www.jungle.world/artikel/2015/25/mit-hitler-unter-vier-augen

Dingler, habilitierter Zoologe und Mundartdichter, machte sich nach 1945 um den Schutz des Murnauer Mooses verdient. Seine Begeisterung für Adolf Hitler und das NS-Regime, Dinglers Opportunismus beim Aufbau seines Arbeitsplatzes in München sowie die Tatsache, dass er nie für den demokratischen Rechtsstaat eingetreten ist, sollten durch Dinglers Eintreten für das Murnauer Moos kompensiert werden.

In Mittenwald hatte Bürgermeister Adolf Hornsteiner (CSU) im Mai radikal alle Ehrenbürger mit NSDAP-Vergangenheit streichen lassen. In Murnau engagierten sich besonders große Teile von Bündnis 90/ Die Grünen und ÖDP/ Bürgerforum für die Distanzierung von undemokratischen Ehrungen.

Auch das Werdenfelser Bündnis gegen Rechtsextremismus vertritt den Standpunkt, dass eine Ehrung eine Vorbildfunktion in einer demokratischen Zivilgesellschaft verschafft. Dies bedeutet auf gar keinen Fall eine Ächtung von Nachfahren der betreffenden Personen, die natürlich nicht für das Verhalten ihrer Vorfahren verantwortlich sind. Aber als Vorbilder für das Verhalten in einer demokratischen Zivilgesellschaft sind die damals geehrten nicht geeignet.

Es blieb nicht bei der einen Aberkennung. Am 26. September 2017 distanzierte sich der Rat der Marktgemeinde Murnau von der Ehrenbürgerwürde von Professer Dr. Max Dingler. In der gleichen Sitzung distanzierte sich der Marktgemeinderat auch von der Verleihung der Bürgermedaille an Lorenz Sonderer, HJ-Bannführer und „Nationalsozialistischer Führungsoffizier". Sonderer war am 6. April 1945 mutmaßlich mitverantwortlich für ein Massaker an 200 Häftlingen eines Gefängnisses in Stein bei Krems an der Donau. Der österreichische Historiker Konstantin Ferihumer ermittelte aufgrund der Gerichtsakten, dass Lorenz Sonderer Murnauer Bürger war.

Der Rat der Marktgemeinde Murnau beschloss gleichzeitig, 30.000€ bereitzustellen für eine Prüfung der Lebensläufe von Murnaus Ehrenbürgern und Geehrten.

Das "Werdenfelser Bündnis gegen Rechtsextremismus" war an diesem Erfolg beteiligt. Für Murnau ist das eine Zeitenwende.

www.merkur.de/lokales/rat-geht-auf-distanz-zu-dingler-und-sonderer

Thomas Wagner